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Nicht alles ist verhandelbar: Der Umgang mit psychischen Belastungen in Mediation & Coaching

Autorenbild: Zoë SchlärZoë Schlär

Mediation und Coaching sind keine Therapie – und genau deshalb ist es so wichtig, grundlegende Kenntnisse über psychische Erkrankungen oder Persönlichkeitsstörungen zu haben. Denn unser Job ist es, die richtigen Grenzen zu setzen, realistische Ziele zu definieren und gleichzeitig strukturiert, klar und menschlich zu agieren.


🔹 Ein Beispiel aus der Mediation:

Ein Paar Mitte 30 mit zwei Kindern steckt in einem langwierigen Konflikt. In der Mediation wird deutlich, dass der regelmäßige Konsum verschiedener Substanzen zu Konflikten in der Beziehung führt. Hier braucht es die Klarheit, dass es sich um eine Sucht handeln könnte – etwas, das in der Mediation nicht behandelt werden kann. Dennoch kann und sollte besprochen werden, welche Auswirkungen dies auf die Beziehung hat. Es geht hier meiner Ansicht nach nicht um eine Lösung, sondern – wie immer in der Mediation – erst einmal um ein echtes Verstehen der anderen Seite. Daraus kann entweder eine Veränderung stattfinden oder eine Akzeptanz der Situation. Beide Seiten haben gegebenenfalls eigene Themen (die des Konsumierenden oder der Angehörigen) zu bewältigen, dies aber nicht im Setting der Mediation. Das Sortieren der Themen und eventuelle Aussortieren in andere Formate wie Therapie, Coaching oder Formen von Selbsthilfe ist die Aufgabe der Mediator:innen.


🔹 Beispiel aus dem Führungskräfte-Coaching:

Eine Führungskraft schildert die Situation einer Mitarbeiterin, die dauerhaft erschöpft ist und nicht konstruktiv an einer Veränderung mitarbeiten kann. Anstatt auf neue Vereinbarungen zu drängen oder die Motivation der Mitarbeiterin zu stärken, braucht es hier die Frage: „Welche Unterstützung ist wirklich notwendig?“ Und im ersten Schritt mein ich: Welche Unterstützung braucht die Führungskraft, die ja das Coaching in Anspruch nimmt, und nicht die Mitarbeiterin? Braucht sie eine Vernetzung, beispielsweise mit dem innerbetrieblichen Gesundheitsmanagement, oder eine Unterstützung im Team, damit der anstehende Projektabschluss nicht gefährdet ist? Braucht sie Wissen, also eine Form der Psychoedukation um sicher agieren zu können, oder eher eine Reflexion ihrer eigenen Abgrenzungsmechanismen? In einem weiteren Schritt kann dann gemeinsam überlegt werden, wie die Mitarbeiterin unterstützt werden kann.


🔹 Beispiel aus dem Konflikt-Coaching:

Pädagogische Fachkräfte aus einer Kita schildern die anstrengende Zusammenarbeit und inkongruente Kommunikation mit einer Mutter. Sie beobachten in der Familie neben Impulsivität auch Instabilität sowie eine Parentifizierung der Kinder. Darüber hinaus kommt es immer wieder zu persönlichen Abwertungen der Erzieherinnen. In der Reflexion wünschen sie sich Methoden, wie sie die Mutter bei der Einhaltung von Verabredungen unterstützen könnten, denn die eigene Abgrenzung (also das Nicht-Persönlich-Nehmen) funktioniert schon sehr gut. Im Laufe der Sitzung wird deutlich, dass es hilfreicher ist, die Situation zu akzeptieren, wie sie ist, denn das Verhalten der Mutter kann von außen nicht verändert werden. Der Fokus sollte in der Zukunft auf den Kindern liegen und ein Weg gefunden werden, die Grenzen der Erziehungspartnerschaft anzunehmen.


❗ Wichtig: Wir stellen keine Diagnosen! Aber wir müssen erkennen, wenn konstruktive Einigung oder Veränderung nicht möglich ist. Dann braucht es einen anderen Weg. Auch wenn eine Perspektivübernahme nicht gelingt, können wir Menschen dennoch begleiten – hin zu mehr Klarheit und Akzeptanz der Situation.

 




 
 
 

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